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Thiele, Johannes: Elisabeth

Bild: Wolfgang Krisai: Hermesvilla. Tuschestift, Buntstift, 2018.

Diesen schönen, großen Bildband kaufte ich mir, nachdem wir das Sisi-Museum in der Wiener Hofburg besucht hatten. Jetzt las ich ihn mit großem Interesse und Gewinn. Er zeigt ein differenziertes Bild Kaiserin Elisabeths (1837-1898), der Gattin von Kaiser Franz Joseph I. von Österreich-Ungarn. Sie wird als problematische Figur dargestellt, die in die Ehe gestolpert war, ohne recht zu wissen, wie ihr geschah – immerhin war sie erst 15 Jahre alt, als Franz Joseph um ihre Hand anhielt.

Kampf gegen die Wiener Konventionen

Lange Zeit war ihr Leben ein halb bewusster Kampf gegen die Wiener Konventionen und das strenge Regime der Mutter Franz Josephs, Erzherzogin Sophie, die zugleich eine Tante Elisabeths war. Diese riss die Erziehung und Betreuung der ersten drei Kinder des Kaiserpaares an sich, Elisabeth gelang es nicht, sich dagegen zu wehren. Erst ein radikales Ultimatum, in dem sie Franz Joseph schriftlich aufforderte, allein ihr die Kinder zu überlassen und ihr selbst völlige Selbstbestimmung zu gewähren, führte zu einer Änderung der Situation, die aber schon verfahren war. Sisi entzog sich daher immer mehr dem Wiener Hof, ihrer Schwiegermutter, ihren Kindern und ihrem Mann. Sie lebte einen verzweifelten, melancholischen Drang zur Selbstverwirklichung aus, in Zeiten, wo dies einer Frau gesellschaftlich einfach nicht zugestanden wurde. Als Kronprinz Rudolph, den sie zwar nicht wirklich liebte, der aber immerhin der einzige Sohn war, sich in Mayerling umbrachte, wünschte auch Elisabeth sich den Tod. Der kam erst neun rastlose Jahre später in Form eines verirrten Anarchisten, Luigi Lucheni, der sie in Genf mit einer Feile niederstach.

Manische Selbstverwirklichung

Selbstverwirklichung bedeutete für Sisi: Reisen, wann und wohin immer sie wollte (natürlich auf Kosten des Kaisers), lange Aufenthalte im Ausland, zum Beispiel auf Krofu, wo sie sich das Schloss „Achilleion“ errichten ließ; Reiten, Wandern bis zum Umfallen (vor allem des Gefolges) und ein Schönheitskult, der täglich Stunden an Frisieren, Gymnastik und Körperpflege verschlang (und trotzdem ihr Gesicht so altern ließ, dass sie sich ab 40 nicht mehr fotografieren ließ und es hinter einem Schleier oder Fächer verbarg). Sie lernte Neugriechisch, las Homer, Byron und Heine (der überhaupt ihr literarisches Idol war, wobei ich vermute: der Heine des „Buchs der Lieder“), schrieb selbst Gedichte im Stil Heines, liebte Ungarn (ihre einzige politische Aktivität war es, den „Ausgleich“ mit Ungarn 1867 zu befördern; der Höhepunkt ihres Lebens war daher auch die Krönung zur ungarischen Königin 1867; von den Ungarn bekam das Kaiserpaars Schloss Gödöllö geschenkt, das Sisi liebte) und sie wurde von den Ungarn geliebt. Aber auch von vielen Verehrern, die sie aber streng auf Distanz hielt. Während Franz Joseph mit ihrer Zustimmung das bekannte Verhältnis mit Katharina Schratt pflegte, scheint sie sich für Männer nicht interessiert zu haben. Aber auch nicht für Frauen. Überhaupt in erster Linie nur für sich selbst.

Moderner Charakter

Eine irgendwie moderne Frau, die heute eine Instagram-Queen sein könnte… Dazu passen die unzähligen Bilder, die es von ihr gibt, auch, weil es oft idealisierte Zeichnungen oder Gemälde, oft auch schlicht Fotomontagen sind, die der Öffentlichkeit ein Bild vorgaukelten, das nicht der Wirklichkeit entsprach. Das Bildmaterial des Bandes ist daher bei aller Üppigkeit doch eindimensional und ermüdend.

Besonders interessant finde ich auch die Kapitel über die Nachwirkung bis hin zum erfolgreichen Musical „Elisabeth“.

Thiele, Johannes: Elisabeth. Kaiserin von Österreich, Königin von Ungarn. Ihr Leben. Ihre Seele. Ihre Welt. Brandstätter-Verlag, Wien, 2011. 319 Seiten.

Bild: Wolfgang Krisai: Hermesvilla. Tuschestift, Buntstift, 2018. – Die Hermesvilla im Lainzer Tiergarten in Wien ließ Kaiser Franz Josph für seine Frau erreichten. Bewohnt hat Sisi das prachtvolle Gebäude selten. Heute befindet sich darin ein sehenswertes Museum und der Lainzer Tiergarten rundherum ist ein ausgedehntes Erholungsgebiet.

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