Diesen italienischen Krimi kaufte ich mir in Florenz und las ihn nun (auf Italienisch) mit großem Interesse, auch wenn er nur mäßig spannend ist. Die Krimihandlung um einen ungewollt im Zuge eines Kindesmissbrauchs gestorbenen 13jährigen Florentiner Buben dümpelt den Großteil des Romans ohne nennenswerte Fortschritte dahin, der Kommissar übt sich im Warten.
Währenddessen lernt der Leser das Alltagsleben und Liebesleben des Kommissars kennen: das Essen in der Küche seines Lieblingsrestaurants; die gelegentlichen Besuche bei seinem Freund, dem Gerichtsmediziner; die gemeinsamen Aktivitäten mit seinem Kontaktmann zu Unterwelt, dem Kleinganoven Ennio; die häufigen Besuche bei der ehemaligen Hure Rosa, von der er sich massieren und verwöhnen lässt – aber ohne Sex.
Bordelli ist trotz dieser Kontakte ein einsamer Mensch, der in der Liebe kein Glück hat und nun, mit 56 Jahren, auch kaum mehr Chancen sieht, obwohl er jedem nackten Damenbein sehnsüchtig hinterherschielt.
Überschwemmung 1966
Der Roman spielt – und das ist eigentlich die Hauptsache und war auch der Grund, warum ich ihn mir kaufte – während der gigantischen Überschwemmung der Stadt Florenz im Jahr 1966. Vichi schildert diese Überschwemmung überaus eindrucksvoll und authentisch, sodass man sich von der apokalyptischen Situation während und nach der Überschwemmung, wo noch wochenlang aufgeräumt werden musste, eine eindrückliche Vorstellung machen kann. So hat es vor dem 4. November, dem Tag der Überschwemmung, schon wochenlang unglaublich viel geregnet. Am 4. November schließlich geht der Arno über, Dämme brechen, über die gesamte Altstadt und über weite Teile des Arno-Tals bricht eine schlammige Flut herein, die stellenweise bis zu 6 Meter über das Straßenniveau steigt. Da viele Heizöltanks leck werden und in den Fluten tote Tiere, kaputte Autos, Müll aller Art und sonstiges Material mitgerissen werden, versinkt Florenz in einer stinkenden Brühe. Strom und Wasser fallen aus und werden erst nach Tagen wieder hergestellt. Nach dem Abebben der Flut gilt es, überall dicke Schlammschichten zu beseitigen und noch voll Wasser stehende Keller zu leeren – zum Teil von Hand mit Eimern.
Auch Bordelli, dessen Wohnhaus zwar in den unteren Stockwerken überschwemmt wurde, dessen Wohnung aber im dritten Stock war, beteiligt sich, sobald er wieder aus dem Haus kann, an den Aufräumungsarbeiten und unterbricht währenddessen seine detektivische Warterei.
Unglückliche Liebesgeschichte
Beim Aufräumen trifft er – bei der Kirche San Niccolò, die dort liegt, wo die Stiege von der Piazzale Michelangiolo am Fuß des Hügels anlangt und an der wir folglich mehrmals vorbeigegangen sind – eine 25jährige Schönheit, die er vor ein paar Tagen als Verkäuferin in einer Boutique erstmals gesehen hat und seither nicht mehr aus dem Kopf bekommt.
Und tatsächlich, sie kommen einander näher und verlieben sich ineinander. Der Roman schildert dies sehr einfühlsam. Allerdings hat eine Wahrsagerin Bordelli prophezeit, dass er eine Geliebte finden werde, aber auch, dass die Beziehung nicht lange dauern werde. Was sich leider im Finale des Romans bewahrheitet…
Der Roman war nicht schwer zu lesen, zumal ich erstmals mein PONS-Wörterbuch auf dem iPad nützte, mit dem man bequem Wörter nachschlagen und gleich in eine Vokabelkartei aufnehmen kann.
Vichi, Marco: Morte a Firenze. Un’indagine del commissario Bordelli. TEA – Tascabili degli Editori Associati S. p. A., Milano, 2011. 350 Seiten Text, danach noch Extras.
Deutsche Ausgabe: Dunkle Wasser in Florenz. Bastei Lübbe, 2011, ISBN: 978-3-404-16090-7
Italienische Homepage des Autors: http://www.marcovichi.it/