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Ursula Poznanski: Stimmen. Thriller

Wolfgang Krisai: Blick auf Salzburg mit dem Mozartsteg. Tuschestift. 2013Wenn ein neuer Krimi, genauer: Thriller, unserer ehemaligen Schülerin Ursula Poznanski herauskommt, muss ich den natürlich lesen. Zumal ihn diesmal eine meiner Bibliotheksmitarbeiterinnen der Schulbibliothek vor mir gelesen und sehr gelobt hat. Also lieh ich ihn mir für die Osterferien aus – und las ihn gleich am ersten Ferientag zu Ende.

Mord in einer psychiatrischen Klinik

Gleich vorweg: Der Roman ist gut geschrieben und spannend, gewährt außerdem Einblicke in eine Sphäre, in die man lieber real keinen Einblick haben möchte: in eine psychiatrische Klinik.

Am nördlichen Stadtrand Salzburgs liegt nämlich das – fiktive – Klinikum (wie Krankenhäuser neuerdings euphemistisch genannt werden) Salzburg Nord, das auch eine psychiatrische Abteilung hat. Dort ist ein junger Arzt ermordet worden, und die Leiche wurde auf seltsame Weise mit Kindermessern aus Plastik dekoriert.

Die aus den beiden vorherigen Thrillern „Fünf“ und „Blinde Vögel“ schon bekannten Polizeibeamten Beatrice Kaspary und Florin Wenninger ermitteln ohne viel Erfolg zunächst, können also auch nicht verhindern, dass es zu weiteren Morden kommt.

Dem Abteilungsleiter Dr. Klement geht es offenbar weniger um die armen Ermordeten als um seinen gefährdeten Ruf als Wissenschaftler. Der tote Arzt könnte daran gedacht haben, auffliegen zu lassen, dass Klement seine Forschungsergebnisse frisiert.

Missbrauchsopfer schweigt

Klements wichtigste Patientin ist ein Extremfall: Jasmin Matheis (spricht man die eigentlich Mathé-is oder Máth-eis aus? Ich habe immer die erste Variante „gehört“). Das ist eine riesenhafte Frau, die schwer traumatisiert ist, weil sie viele Jahre lang von ihrem Vater, einem minderbemittelten Bauern, im Keller eingesperrt und missbraucht wurde. Per Zufall wurde sie entdeckt. Die beiden dieser Verbindung entsprungenen Kinder wurden vom Vater im eigenen Fischteich ertränkt. Als die Sache aufflog, erhängte sich der Vater. Die Tochter kam in die Klinik, weil sie kein Wort spricht und auch sonst kaum Reaktionen zeigt. Von der Außenwelt ist sie völlig abgeschirmt.

Beatrice entdeckt jedoch mit der Zeit zaghafte Ansätze zu „Mitteilungen“ seitens Jasmins. Diese hängen mit Tarot-Karten zusammen, die Jasmin in einem krankenhaus-internen Tarot-Seminar kennengelernt hat. Das ist wichtig, da Jasmin beim ersten Mord diese seltsamen Messerchen arrangiert hat, wie die darauf befindlichen Fingerabdrücke beweisen.

Ein anderer wichtiger Patient ist Walter Trimmel, der ständig eingebildete „Stimmen“ hört, die ihm Vorwürfe machen oder ihm irgendetwas Erniedrigendes befehlen, wie zum Beispiel, das Blut der Arztleiche aufzulecken. Trimmel wird im Lauf des Romans selbst Opfer eines Mordversuchs.

Überfall auf die Polizistin

Ja, auch Beatrice wird eines Nachts an ihrer Haustür überfallen, kann dem Schlag mit einer Eisenstange allerdings ausweichen und dem Täter mit dem Schlüsselbund Wunden im Gesicht zufügen. Am nächsten Tag gibt es im Klinikum wieder einen Toten, einen Pfleger – und dieser hat im Gesicht Wunden, die von Beatrices Schlüsselbund stammen.

Schließlich kommt es zu einem dramatischen Finale, das ich entgegen meiner Blogphilosophie hier nicht verrate.

Das psychologische Drumherum

Die Misere, die zwischen Beatrice und ihrem Ex-Mann Achim besteht, geht auch in diesem Roman weiter. Daneben aber kommen sich Beatrice und Florin näher und schlafen sogar miteinander. (Da bahnt sich für die nächsten Thriller ein Konfliktpotential hat, da die Liebe zwischen Arbeitskollegen sicher nicht so einfach sein wird…)

Der unsympathische Chef der beiden, Hoffmann, macht gerade Schreckliches durch, weil seine Frau an Krebs stirbt, sodass er keine Zeit hat, Beatrice auf die Nerven zu gehen. Das macht dafür der arrogante und selbstherrliche Kollege Bechner, der zum Schluss aber ganz klein wird, weil er irrtümlich ausgeplaudert hat, dass Jasmin Mateis in der Klinik lebt, was natürlich sofort weltweites Aufsehen erregt.

Auch der wegen seines Geschwätzes nervtötende Polizeipsychologe Dr. Kossner hat wieder seine Auftritte, darf aber durchaus auch Brauchbares zum Fall beitragen.

Also: Solide Arbeit der Autorin, genau das, was man sich von einem guten Krimi erwartet.

Ursula Poznanski: Stimmen. Thriller. Wunderlich/Rowohlt, Reinbek, 2015. 441 Seiten.

Bild: Wolfgang Krisai: Blick auf Salzburg mit dem Mozartsteg. 2013. Tuschestift.

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Veit Heinichen: Die Toten vom Karst. Ein Proteo-Laurenti-Krimi.

Wolfgang Krisai: Klippen an der Baia di Sistiana bei Triest, Zeichnung, 2003.Veit Heinichens „Die Toten vom Karst“ ist ein Krimi, den man wirklich genüsslich lesen kann, da er gut geschrieben ist und sich aller Unappetitlichkeiten in Sprache und Stil weitgehend enthält, was ich einfach angenehm finde.

Proteo Laurenti ist der Chef der Kriminalpolizei von Triest, ungefähr mittleren Alters, verheiratet und Vater dreier Kinder. Allerdings ist er nicht glücklich verheiratet, denn seine Frau Laura verlässt ihn zu Beginn des Romans, um über ihre Beziehung zu einem läppischen Versicherungsvertreter in Ruhe nachdenken zu können. Laurenti wird dadurch ganz schön aus der Ruhe gebracht, außerdem leidet der Haushalt, denn er und sein Sohn Marco (17), die nun allein sind, verstehen sich auf das Ordnunghalten nicht besonders. (Die beiden Töchter studieren auswärts.) Um es gleich zu sagen: Proteo wäre fast geneigt, seinerseits nun einen Seitensprung mit einer attraktiven kroatischen Staatsanwältin (Ziva Ragno) zu riskieren, tut dies aber nur im Traum. Und zum Schluss kommt Laura zur Vernunft und nach Hause zurück, wo sie gleich ans Großreinemachen schreitet.

Nun zur Kriminalhandlung:

Zunächst sprengt eine düstere Gestalt mittels Zeitzünderbombe ein Haus samt Einwohnern in einem kleinen Ort in der Nähe von Triest in die Luft. Eine angesehene Kaufmannsfamilie aus Triest ist somit ausgelöscht. Doch vom Täter keine Spur.

Dann kommt ein Fischer namens Giuliano bei einem nächtlichen Schmuggelmanöver bei hohem Seegang um. Den Schmuggel führen seit Jahren der Vater des ermordeten Hausbesitzers, Gubian sen., und Ugo Marasi, dessen Todfeind, durch. Die Feindschaft geht auf einen angeblichen Mord zurück: Marasi glaubt, Gubian habe 1943 seine Schwester getötet und in eine „Foiba“ geworfen. Diese Foibe sind Spalten im Karst, in die zu Kriegsende unzählige Leute, die irgendjemandem politisch oder privat nicht mehr genehm waren, nach ihrer Ermordung hineingeworfen wurden. Erst im Laufe der Jahre wurden diese Massengräber aufgedeckt, die Toten identifiziert (soweit möglich) und die Geschehnisse aufgearbeitet. Marasi gibt das von Gubian übernommene Schmugglergut an seine mannweibhafte Tochter Nicoletta, die in Triest einen Fischladen führt, weiter, die es dann ihrerseits weiterleitet.

Kurz nach dem Tod Giulianos wird Ugo Marasi tot aufgefunden, auf ein Eisengerüst gespannt und mit einer Harpune im Herzen.

Hat Gubian ihn getötet, weil er geglaubt hat, Marasi habe seinen Sohn in die Luft gesprengt? Hat vielleicht gar Nicoletta ihren Vater selbst umgebracht? (Laurenti fragt sie das und fängt dafür eine Ohrfeige, die er noch tagelang spürt.)

Der Ausgang ist dann doch anders, als man vermutet.

Der Roman ist mäßig spannend, aber das macht nichts. Man erhält Einblick in die verwickelte Geschichte Istriens seit dem Ersten Weltkrieg, das ist der didaktische Sinn des Buchs. Und man lernt einen recht sympathischen Kriminalbeamten kennen, der eine menschliche Seite hat, die ihn zu einem geistesverwandten von Camilleris Commissario Montalbano macht…

Veit Heinichen: Die Toten vom Karst. Ein Proteo-Laurenti-Krimi. 4. Aufl. dtv, München 2004. (Erstausgabe 2002 bei Zsolnay.) 365 S.

Bild: Wolfgang Krisai: Klippen an der Baia di Sistiana bei Triest, Tuschestift-Zeichnung, 2003.

PS: Da ich immer noch in einem Lese-Großprojekt stecke, ist auch die eine Rezension von früher, aus dem Jahr 2004.

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Franz Hohler: Gleis 4

Wolfgang Krisai: Abstellgleise am Bahnhof Mödling.

Wolfgang Krisai: Abstellgleise am Bahnhof Mödling. 12. 1. 2014.

Kürzlich trat die Zeitschrift „Bücher“ an mich heran, ob ich nicht für die Rubrik „Blogger über Bücher“ eine Rezension schreiben wolle. Ich sagte zu, und im jetzt erschienenen Heft April/Mai 2014 steht auf Seite 43 mein Text. Er durfte nur 1100 Zeichen lang sein. Hier im Blog bin ich nicht auf diese Kürze beschränkt, daher folgt jetzt die „Langfassung“ meiner Rezension von Franz Hohlers Roman „Gleis 4“:

So etwas wie ein Krimi über Waisenkinder

Franz Hohler kann ein zu Lachkrämpfen animierender Humorist sein, dieser Roman aber ist ernst und macht bewusst, unter welch erniedrigenden Umständen auch in der Schweiz noch der Fünfzigerjahre Waisenkinder leben mussten.

Allerdings braucht es lang, bis man hinter dieses Anliegen des Buchs kommt, denn zunächst lässt es sich wie ein Krimi an. Auf dem Zürcher Bahnhof wird die Altenpflegerin Isabelle, die gerade zögert, einen schweren Koffer die Stiegen hinaufzuschleppen, von einem freundlichen Herrn gefragt, ob er ihr den Koffer tragen dürfe. Sie lehnt nicht ab – und damit nimmt eine überraschende Handlung ihren Lauf.

Am oberen Ende der Stiege klappt der Herr nämlich plötzlich zusammen und ist tot. Sein letztes Wort: „Bitte…“. Rettung, Polizei. Einvernahme. Da Isabelle ein wenig verwirrt ist, vergisst sie ganz, der Polizei eine Mappe des Verstorbenen auszuhändigen, die noch auf ihrem Koffer liegt. So gelangt die Mappe in Isabelles Hände, die sie zunächst auf den Flughafen mitnimmt, wo ihr Flugzeug aber schon abgeflogen ist. Kurzerhand bläst sie den ganzen Urlaub ab, zu dem sie aufbrechen wollte, und bleibt zu Hause.

Am Abend läutet ein Handy – in der ominösen Mappe des Fremden. Isabelle lädt es auf, da es fast keinen Akku mehr hat. Als weitere Anrufe kommen, hebt sie ab und hört eine mürrische Männerstimme, sie solle Marcel ausrichten, er solle sich in Nordheim nicht blicken lassen.

Nordheim ist aber der Zürcher Friedhof. Isabelle geht am nächsten Tag hin, zu drei Begräbnissen – und beim dritten wird sie fündig: Ein finsterer Herr fragt sie, was sie da zu suchen habe, und sie sagt, sie sei die Freundin von Marcel, den sie hier vertrete. Es fehlt wenig, dass der Kerl handgreiflich wird.

Von der Polizei erfährt Isabelle, dass der Tote identifiziert wurde, seltsamer Weise als ein Martin Blancpain aus Kanada, und seine Frau Véronique bereits auf dem Weg in die Schweiz sei. Mit dieser trifft sich Isabelle, und die beiden freunden sich ein wenig an. Und machen sich gemeinsam daran, in die Véronique gänzlich unbekannte Vergangenheit Blancpains einzudringen. Isabelles halbafrikanische Tochter Sarah hilft den beiden dabei.

Schritt für Schritt kommt nun eine „dunkle Vergangenheit“ des Toten zu Tage, deren böse Schatten schließlich aber nicht ihn, sondern seine „Brüder“ treffen.

Leise Irritationen

Hohler erzählt alles in knapper, klarer Sprache, die man schnell liest. Die Handlung packt durch ihre leisen Irritationen: Warum gibt Isabelle die Mappe nicht gleich zur Polizei? Warum lässt sie sich auf die Telefonate mit dem fremden Handy ein?

Bald keimt im Leser der Verdacht, dass Isabelle vielleicht doch nicht ganz zufällig mit Marcel zusammengetroffen sei…

Franz Hohler: Gleis 4. Roman. Luchterhand, München, 2013. 220 Seiten.

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Bielefeld & Hartlieb: Auf der Strecke. Ein Fall für Berlin und Wien.

 

Wolfgang Krisai: Beim Westbahnhof, Wien. Kohleskizze, 2007.

Wolfgang Krisai: Beim Westbahnhof, Wien. Kohleskizze, 2007.

Steglitzmind stellte auf ihrem Blog die Wiener Buchhandlung Hartlieb vor, die wir, meine Frau, einer meiner Söhne und ich, daraufhin sofort besuchten. Die Buchhändlerin Petra Hartlieb betätigt sich gemeinsam mit ihrem Berliner Co-Autor Claus-Ulrich Bielefeld auch als Krimi-Autorin. Wir kauften u. a. den ersten ihrer Krimis.

Auch wenn ich am Schluss bei dem immer rasanteren „Showdown“ nicht mehr ganz mitgekommen bin, was ja, da ich nicht die Kommissarin bin, auch egal ist, so war das doch eine lohnende und interessante Lektüre. Und eine unterhaltsame. Auch ein bisschen spannende (nicht jeder Krimi kann mörderisch spannend sein).

Was ist nun das Interessante dran?

Die literarischen Bezüge: Da sich die Handlung um den Schriftsteller Xaver Pucher dreht, der ein epochemachendes Werk veröffentlichen will und mit seinem vorherigen Roman einen Bestseller gelandet hat, und die beste Freundin der Kommissarin Buchhändlerin ist (ein Selbstportrait Hartliebs?), biete der Krimi viele nette Einblicke in den Literaturbetrieb.

Der Wien-Bezug: Für jemanden wie mich, der im Umland Wiens wohnt, ist ein Wien-Krimi natürlich eine schöne Sache, da man sich unter den „Locations“ meist etwas vorstellen kann. Hartlieb vermeidet erfreulicher Weise allzu morbide wienerische Örtlichkeiten, wie sie sonst gern als „typisch Wien“ verwendet werden. So wird etwa der Zentralfriedhof zwar kurz Schauplatz, dann aber Gegenstand einer eher touristischen Durchforstung (incl. jüdischem Teil). Anna Haberl, die resche Wiener Kommissarin, zeigt nämlich ihrem Berliner Pendant Thomas Bernhardt (das nun ist wieder eine etwas zu übertriebene Reverenz vor dem Literaturbetrieb) den Friedhof anlässlich des Begräbnisses des Mordopfers.

Der Berlin-Bezug: Berlin sollte man ja gesehen haben. Mir, dem diese touristische Pflicht noch bevorsteht, macht der Roman Lust darauf.

Die Liebesgeschichten: Eine Wiener Kommissarin, die im Privatleben so resch gar nicht ist, wie sie sich den Berlinern gegenüber am Telefon geben zu müssen glaubt, und ein fescher Berliner Kommissar: Da muss sich doch etwas entwickeln. Und tatsächlich, am Ende… Aber psst! Damit es seine Berliner Beziehungsaspirantin nicht erfährt.

Die Eisenbahn: Der Mord spielt sich in einem Zug von Wien nach Berlin ab. Ich war zunächst überrascht, dass der Zug vom Westbahnhof abfahren soll. Aber tatsächlich, der Euro-Night von Wien nach Berlin fährt um Viertel elf vom Westbahnhof ab. Derzeit jedenfalls. Vor ein paar Jahren war es wohl nicht anders. Ich als Eisenbahnfan liebe es natürlich, wenn dieses Verkehrsmittel in einem Roman eine Rolle spielt. Wenn auch hier in unerfreulichem, da tödlichem Zusammenhang.

Das Kriminelle und die Ermittlungen: logisch, bei einem Krimi.

Genug Gründe also, diesen Roman zu mögen.

Stilistisch stellt er auch kein Problem dar, wenn man Freude am Berlinerischen hat. Das Wienerische ist im Vergleich dazu etwas sparsamer verwendet, was vielleicht mit der angepeilten gesamtdeutschen Leserschaft zu tun hat, die sich wohl mit dem Berliner Dialekt – seit Gerhart Hauptmann ja Grundwissen für Literaturbegeisterte – leichter tut als mit dem Wienerischen.

Claus-Ulrich Bielefeld, Petra Hartlieb: Auf der Strecke. Ein Fall für Berlin und Wien. Diogenes, Zürich, 2011. 358 Seiten.

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Malet: Bilder bluten nicht

Wolfgang Krisai: Carrefour de la croix rouge, Paris: Bleistift.

Wolfgang Krisai: Carrefour de la croix rouge, Paris: Bleistift.

Ich weiß gar nicht mehr, wann und wo ich mir diesen Ziegel mit 10 Krimis von Léo Malet gekauft habe. Jetzt jedenfalls habe ich mir den Krimi, der im 1. Arrondissement spielt, vorgenommen und ihn gelesen.

Der Held ist der Detektiv Nestor Burma, der am Rande der Legalität agiert, ein bisschen mit der Polizei zusammenarbeitet und selbst immer wieder zusammengeschlagen wird.

Bei den Fall, den er in diesem Roman zu lösen hat, scheint es sich zunächst um zwei voneinander unabhängige Fälle zu handeln: um einen Gemäldediebstahl aus dem Louvre und um das seltsame Verhalten eines Mannes, den Burma im Auftrag von dessen Frau beschatten und nach Hause zurückschicken soll.

Nach einigen argen Verwicklungen findet Burma heraus, dass beide Fälle zusammenhängen, und zwar auf eine Weise, die der Leser unmöglich vorausahnen konnte: der beschattete Ehemann namens Lheureux und der Drahtzieher des Kunstdiebstahls (ein Raffael wurde entwendet) namens Lapeur sind Zwillingsbrüder, wechseln nach Bedarf in die Identität des anderen – und Lapeur lässt seinen arglosen Bruder Lheureux an seiner Stelle umgebracht werden…

Zu guter Letzt jedoch erschießt Burma in einem Akt der Notwehr den wahren Lapeur, nachdem dieser einige seiner Komplizen um die Ecke gebracht hat.

Der Krimi ist nicht extrem spannend, da man zu wenig mitfühlen kann. Aber er ist immerhin stellenweise witzig formuliert, insbesondere gefällt der schnoddrige Ton Burmas. Und lang ist das Buch auch nicht.

Buchdaten:

Malet, Léo: Bilder bluten nicht.

Kriminalroman.

In: L. M.: Paris des Verbrechens. Nestor Burmas klassische Fälle.

Frankfurt, Zweitausendeins, o. J.

S. 9 – 130.

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Isabella Trummer: Der Schrei des Lipizzaners

Endlich wieder ein neuer Krimi von Isabella Trummer. Der vierte. Und er ist wieder bewährt gut.

Diesmal ist Inspektor Kammerlander mit einem komplizierten Geflecht von ineinander verzahnten Handlungssträngen verwickelt. Einerseits gibt es einen Verrückten, der Pferde mit Messerstichen verletzt. Wer das war, kommt nicht heraus.

Dann wird ein Aidskranker Homosexueller ermordet. Die Spurt führt ins Gestüt Piber, wo ein Tierarzt sein Unwesen treibt, indem er neben seiner Gestütstätigkeit hochriskante Forschungen mit Pferdeviren betreibt und – wie sich am Schluss herausstellt – sogar den legendären Hengst Maestoso geklont hat.

Der Tierarzt namens Krantz ist der Gatte von Katharina, die wiederum die Schwester der Gestütschefs Alexander LIebermann ist. Wie sich am Ende herausstellt, gibt es zwischen den beiden Geschwistern seit Jahren eine inzestuöse Beziehung, aus der sogar ein – behinderter – Sohn hervorgegangen ist.

Beliefert wird das Institut von dem Futtermittelhändler Manfred Vorauer. Dieser steckt bis zum Hals in Spielschulden.

Alle diese Personen verbindet ein schreckliches Ereignis, das sie bei einem gemeinsamen Urlaub in Kroatien zehn Jahre zuvor erlebt haben: Dort verabreichte Katharina der mitreisenden Marlene Pichler eine Überdosis Drogen, und die Urlauber ließen sie sterben. Und behaupteten dann, sie wüssten nicht, woher das Mädchen an die Drogen gekommen sei.

Der jüngere Bruder Marlenes ist es im Endeffekt, der alles ins Rollen bringt und seine Schwester rächt. Das hätte der Leser natürlich nicht gedacht, da er von Johannes gar nichts weiß, da dieser sich unter falschem Namen und mit verändertem Aussehen ins Gestüt eingeschlichen hat.

Kammerlander ist während dieser Zeit Strohwitwer, unterzieht sich einer Prostata-Untersuchung, die ihm Angst macht, bleibt aber sonst der ganz normale, anständige Mensch, als den man ihn schon aus den ersten drei Romanen kennt.

In einem Interview sagt Isabella Trummer, Kammerlander werde noch nicht „in Pension geschickt“. Sehr erfreulich.

Buchdaten:

Trummer, Isabella: Der Schrei des Lipizzaners

Inspektor Kammerlanders neuer Fall.

Kriminalroman.

Molden-Verlag, Wien u.a., 2011

305 Seiten.

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Marco Vichi: Morte a Firenze

Wolfgang Krisai: Florenz, Domplatz. Tuschestift. 2011.

Diesen italienischen Krimi kaufte ich mir in Florenz und las ihn nun (auf Italienisch) mit großem Interesse, auch wenn er nur mäßig spannend ist. Die Krimihandlung um einen ungewollt im Zuge eines Kindesmissbrauchs gestorbenen 13jährigen Florentiner Buben dümpelt den Großteil des Romans ohne nennenswerte Fortschritte dahin, der Kommissar übt sich im Warten.

Währenddessen lernt der Leser das Alltagsleben und Liebesleben des Kommissars kennen: das Essen in der Küche seines Lieblingsrestaurants; die gelegentlichen Besuche bei seinem Freund, dem Gerichtsmediziner; die gemeinsamen Aktivitäten mit seinem Kontaktmann zu Unterwelt, dem Kleinganoven Ennio; die häufigen Besuche bei der ehemaligen Hure Rosa, von der er sich massieren und verwöhnen lässt – aber ohne Sex.

Bordelli ist trotz dieser Kontakte ein einsamer Mensch, der in der Liebe kein Glück hat und nun, mit 56 Jahren, auch kaum mehr Chancen sieht, obwohl er jedem nackten Damenbein sehnsüchtig hinterherschielt.

Überschwemmung 1966

Der Roman spielt – und das ist eigentlich die Hauptsache und war auch der Grund, warum ich ihn mir kaufte – während der gigantischen Überschwemmung der Stadt Florenz im Jahr 1966. Vichi schildert diese Überschwemmung überaus eindrucksvoll und authentisch, sodass man sich von der apokalyptischen Situation während und nach der Überschwemmung, wo noch wochenlang aufgeräumt werden musste, eine eindrückliche Vorstellung machen kann. So hat es vor dem 4. November, dem Tag der Überschwemmung, schon wochenlang unglaublich viel geregnet. Am 4. November schließlich geht der Arno über, Dämme brechen, über die gesamte Altstadt und über weite Teile des Arno-Tals bricht eine schlammige Flut herein, die stellenweise bis zu 6 Meter über das Straßenniveau steigt. Da viele Heizöltanks leck werden und in den Fluten tote Tiere, kaputte Autos, Müll aller Art und sonstiges Material mitgerissen werden, versinkt Florenz in einer stinkenden Brühe. Strom und Wasser fallen aus und werden erst nach Tagen wieder hergestellt. Nach dem Abebben der Flut gilt es, überall dicke Schlammschichten zu beseitigen und noch voll Wasser stehende Keller zu leeren – zum Teil von Hand mit Eimern.

Auch Bordelli, dessen Wohnhaus zwar in den unteren Stockwerken überschwemmt wurde, dessen Wohnung aber im dritten Stock war, beteiligt sich, sobald er wieder aus dem Haus kann, an den Aufräumungsarbeiten und unterbricht währenddessen seine detektivische Warterei.

Unglückliche Liebesgeschichte

Beim Aufräumen trifft er – bei der Kirche San Niccolò, die dort liegt, wo die Stiege von der Piazzale Michelangiolo am Fuß des Hügels anlangt und an der wir folglich mehrmals vorbeigegangen sind – eine 25jährige Schönheit, die er vor ein paar Tagen als Verkäuferin in einer Boutique erstmals gesehen hat und seither nicht mehr aus dem Kopf bekommt.

Und tatsächlich, sie kommen einander näher und verlieben sich ineinander. Der Roman schildert dies sehr einfühlsam. Allerdings hat eine Wahrsagerin Bordelli prophezeit, dass er eine Geliebte finden werde, aber auch, dass die Beziehung nicht lange dauern werde. Was sich leider im Finale des Romans bewahrheitet…

Der Roman war nicht schwer zu lesen, zumal ich erstmals mein PONS-Wörterbuch auf dem iPad nützte, mit dem man bequem Wörter nachschlagen und gleich in eine Vokabelkartei aufnehmen kann.

Vichi, Marco: Morte a Firenze. Un’indagine del commissario Bordelli. TEA – Tascabili degli Editori Associati S. p. A., Milano, 2011. 350 Seiten Text, danach noch Extras.

Deutsche Ausgabe: Dunkle Wasser in Florenz. Bastei Lübbe, 2011, ISBN: 978-3-404-16090-7

Italienische Homepage des Autors: http://www.marcovichi.it/

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